Mit 175 Jahren ist die Handwerkskammer Bremen die älteste Handwerkskammer Deutschlands – und aller Erkenntnis nach damit auch die weltweit älteste Handwerkskammer. Mit einem Festakt in der Oberen Halle des Bremer Rathauses und rund 300 Gästen sowie zwei Ausbildungsmessen in Bremen und Bremerhaven hat sie das Jubiläum – vor allem aber das Handwerk selbst – gefeiert.
Zu den Rednern des Festaktes im Rathaus gehörte auch Hausherr und Bürgermeister Andreas Bovenschulte: „Bis heute ist das Handwerk das Fundament unseres Wohlstandes, eine tragende Säule unserer Gesellschaft und ein Garant für deren Zusammenhalt. Und vor allem: ‚Handwerk ist Zukunft‘.“
Ob Herstellung, Wartung oder Reparatur – es gäbe keinen einzigen Lebensbereich, der ohne ein funktionierendes Handwerk klarkomme. „Das Handwerk wird mehr denn je gebraucht“, so Bovenschulte. In seiner Rede erwähnte er außerdem die überdurchschnittliche Ausbildungsleistung der Handwerksbetriebe, deren wichtige Rolle bei der Integration von geflüchteten Menschen sowie den unverzichtbaren Beitrag des Handwerks bei der Umsetzung des Klimaschutzes.
„Beispiel für regionale Bedeutung und
Vielfalt des Handwerks“
Die Handwerkskammer Bremen ist mit ihren rund 5.400 Mitgliedsbetrieben Teil der Gemeinschaft von 53 Handwerkskammern unter dem Dach des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Dessen Präsident Jörg Dittrich gratulierte persönlich zum Jubiläum: „Die Handwerkskammer Bremen hat mit ihrer Gründung vor 175 Jahren den ersten Grundstein gelegt für die Selbstorganisation des gesamten Handwerks in Deutschland.
Als älteste und zugleich kleinste Kammer steht die Handwerkskammer Bremen mit Zuständigkeit für zwei Städte beispielhaft für die regionale Bedeutung und Vielfalt des Handwerks und für die Wirtschaftsmacht von nebenan. Inzwischen sind es bundesweit 53 Handwerkskammern, die sich wie schon damals unsere Bremer Vorstreiter für das Handwerk einsetzen und stark machen. Heute arbeiten wir als bedeutende Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppe daran, für unsere Betriebe und ihre Beschäftigten in Deutschland und der Europäischen Union Rahmenbedingungen zu erwirken, die es ihnen ermöglichen, ihre Betriebe geschäftlich erfolgreich zu führen und als Beschäftigte ihr Handwerk ausüben zu können.“
Die Gründung der Handwerkskammer Bremen geht auf die erste demokratische Bremer Verfassung zurück. Diese wurde im März 1849 rund ein Jahr nach einer Versammlung des Bremischen Bürgervereins im Krameramtshaus am Ansgarikirchhof, dem heutigen Gewerbehaus der Handwerkskammer, und einer darauffolgenden Petition verabschiedet. Aus diesem Grund ist das Gebäude 2023 zum „Ort der Demokratie-Geschichte“ ernannt worden. Laut Bürgermeister Andreas Bovenschulte hatte das Handwerk einen wesentlichen Anteil an der Demokratisierung Deutschlands: „Die Handwerkskammer Bremen ist ein Kind der März-Revolution von 1848.“
Neues Selbstverständnis
Seit der Gründung der Handwerkskammer Bremen hat sich nicht nur das Handwerk als solches stark gewandelt. Auch die Kammer agiert heute mit einem grundsätzlich anderen Selbstverständnis als vor 175 Jahren. Präses Thomas Kurzke: „Während die Kammer früher eher als Aufsichtsbehörde wahrgenommen wurde und sich wohl auch selbst so gesehen hat, verstehen wir uns heute als moderne Dienstleisterin für unsere Mitgliedsbetriebe. Wir begleiten sie zum Beispiel bei der technischen Transformation und stehen ihnen bei Bedarf mit zahlreichen Beratungsdienstleistungen zur Verfügung. Damit wollen wir unseren Teil dazu beitragen, dass das Handwerk die großen Herausforderungen unserer Zeit, zum Beispiel bei der Umsetzung des Klimaschutzes oder der Bewältigung des Fachkräftemangels, meistern kann.“
Vier Schwerpunkte
Die heutigen vier Schwerpunkte der Handwerkskammer Bremen spiegeln die aktuellen Herausforderungen des Handwerks und der Gesellschaft wider. Sie unterstützt ihre Bremer und Bremerhavener Mitgliedsbetriebe bei der Ausbildung junger Menschen, bei der Digitalisierung, bei der Unternehmensnachfolge sowie dabei, sich als Umsetzer des Klimaschutzes aufzustellen.
Andreas Meyer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Bremen: „Das alles beherrschende Thema ist auch im Handwerk der Mangel an Auszubildenden sowie an Arbeits- und Fachkräften. Mit unseren Beratungen, der Begleitung von Betrieben sowie Auszubildenden und umfangreicher Imagearbeit tragen wir dazu bei, dass letztlich mehr Menschen in den Bremer und Bremerhavener Handwerksbetrieben ihre berufliche Heimat finden.“
Handwerk fordert Gleichwertigkeit
von beruflicher und akademischer Bildung
Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH): „Die Politik muss ihren wertschätzenden Worten für das Handwerk jetzt auch die notwendigen Taten folgen lassen, gerade in der Bildungspolitik. Nur wenn die Politik der beruflichen Aus- und Fortbildung im Handwerk neben der ideellen Wertschätzung endlich auch die entsprechende finanziell gleichwertige Wertschätzung entgegenbringt, werden wir genügend junge Menschen für eine Qualifizierung zu einer handwerklichen Fachkraft gewinnen können.“
Podcast mit ZDH-Präsident Jörg Dittrich
Wie kann das Handwerk auf die vielen Herausforderungen der heutigen Zeit reagieren, und welche Rolle hat es als verbindendes Element in einer offenbar immer polarisierteren Gesellschaft? Über diese und viele andere Fragen haben sich ZDH-Präsident Jörg Dittrich und Thomas Kurzke, Präses der Handwerkskammer Bremen, vor dem Festakt im Bremer Rathaus unterhalten. Das knapp halbstündige Gespräch haben wir für die neueste Folge unseres Podcasts „Hey Handwerk“ aufgezeichnet. Hörbar bei Spotify und Apple Podcasts.
Ausbildungsmessen zum Jubiläum
Zu ihrem 175. Geburtstag wollte sich die Kammer nicht in erster Linie selbst feiern, sondern das Handwerk in Bremen und Bremerhaven – und diesem in Form von zwei Ausbildungsmessen auch etwas zurückgeben. Zwei Tage vor dem Jubiläumsfeiertag hatte sie in enger Absprache mit den Innungen Betriebe in den TimePort am Neuen Hafen eingeladen. Dort hatten diese die Gelegenheit, sich und ihre Ausbildungsberufe Schülerinnen und Schülern zu präsentieren. Zwei Tage darauf folgte die Ausbildungsmesse in Bremen. Viele Betriebe und Besucher zeigten sich begeistert. An den Ständen und Werkbänken der Ausbildungsbetriebe entwickelten sich zahlreiche Gespräche zwischen Ausbildern oder Auszubildenden und Schülerinnen und Schülern.